Abschied vom Elektro-Hip Hop auf Platt

Mit Plattdeutsch zum Erfolg

Die drei Elektro-Hip-Hopper der Band De Fofftig Penns (Torbän, Jaykopp, Malde, v.l.n.r.) bei ihrem letzten Konzert im „Pier 2“ (Foto: © WFB/Berit Böhme)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

De Fofftig Penns waren Sprachbotschafter der besonderen Art. Die Elektro-Hip-Hopper aus Bremen-Nord brachten mit Songs wie „Löppt“ und „Ik mutt gor nix“ neuen Schwung in die plattdeutsche Sprache. Jetzt haben sie die Band aufgelöst. Warum? „Irgendwann is auch mal gut“, sagen sie.

Renaissance fürs Plattdeutsche
In der Nachkriegszeit galt Plattdeutsch als unfein. Etlichen Generationen wurde so die Freude am „Schnacken“ ausgetrieben. Längst erlebt die Sprache aber eine Renaissance in Norddeutschland. Zu verdanken ist das auch den Ohrwürmern des Trios De Fofftig Penns aus Bremen-Nord. Mit Songs wie „Löppt“, „Duuster“ oder „Ik mutt gor nix“ haben die Hip-Hopper bewiesen, wie lebendig und modern das Niederdeutsche klingen kann. Zwar hat die Gruppe gerade nach 15 Jahren ihre Musikkarriere mit einem letzten Konzert in Bremen beendet. Denn inzwischen ist der Lebensmittelpunkt ihrer Mitglieder woanders. Die Songs bleiben jedoch zeitlose Plattbotschafter, die für den Schulunterricht und Uni-Seminare taugen.

Gangsta-Rapper als Namensgeber
Hinter den Fofftig Penns stecken der Sprachwissenschaftler Malte Battefeld (34), der Werbefachmann Torben Otten (33) und der Stadtplaner Jakob Köhler (34) aus Bremen-Nord. Der Band-Name geht auf den US-amerikanischen Gangsta-Rapper 50 Cent zurück. Niederdeutsch war für die drei Freunde, auch „Riemelmeester Malde“, „Kommodige Jaykopp“ (Jakob) und der „Plietsche Torbän“ (Torben) genannt, zwar nichts Fremdes. „Wir hatten alle Großeltern, die Plattdeutsch konnten“, sagt Malte Battefeld. Sie kamen aber erst 2003 im Rahmen eines Schulprojekts auf den Plattgeschmack. „Es hat als Quatsch angefangen“, erinnert sich Battefeld. „Wir hatten es nie auf ein Projekt angelegt, das lange hält.“

Bekannte Songs „eingeplattet“
Doch das auf der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen stehende Niederdeutsch ließ die Bremer nicht mehr los. „Am Anfang bestand der Spaß darin, bekanntere Songs einzuplatten“, erinnert sich Malte Battefeld. Ab 2009 traten De Fofftig Penns mit den Coversongs live auf. Etwa beim Grand Prix der Minderheitensprachen im niederländische Leeuwarden. Das Trio tourte auch als Sprachbotschafter im Rahmen der Aktion „Platt ist cool“ durch niedersächsische Schulen. Die Auftritte kamen bei den Teenagern gut an – und lösten mancherorts sogar Kreischalarm aus. Die drei Musiker gingen auch als Kulturbotschafter auf Japan-Tour, vom niedersächsischen Kultusministerium initiiert und finanziert.

Barrien-Preis als Ansporn für eigene Songs
Anfang 2012 wurden die Fofftig Penns schließlich mit dem Heinrich Schmidt Barrien-Preis für ihre Verdienste rund um die niederdeutsche Sprache ausgezeichnet. Zuvor war die Auszeichnung schon an bekannte Platt-Akteure wie Ina Müller oder die Gruppe Godewind gegangen. 2012 war auch sonst ein entscheidendes Jahr für die Karriere der Hip-Hopper. „Wir haben langsam angefangen, eigene Musik zu machen“, erinnert sich Malte Battefeld. Dazu angespornt habe sie wohl auch der Barrien-Preis. „Es wurden dann insgesamt über 20 eigene Songs“, ergänzt Jakob Köhler. „Die meisten davon haben es auch auf die dritte Platte, unser Best-of-Album, geschafft.“

„Platt ist subtil, cool und charmant“
Den entscheidenden Schritt hin zu mehr Professionalität und Qualität machten De Fofftig Penns mit Hilfe des Musikproduzenten Simon Heeger. „Heeger hat lange in Los Angeles gelebt und dort mit Britney Spears und Keisha gearbeitet“, sagt Torben Otten. „Platt ist irgendwie subtil, cool und charmant“, schwärmt Heeger, der sonst Musik für die Werbebranche produziert.

„Löppt“ brachte den bundesweiten Durchbruch
Vor rund sechs Jahren landeten die Rapper mit „Löppt“ ihren größten Hit. „Dann waren wir auf einmal eine Band auf großem Niveau“, sagt Battefeld. „‚Löppt‘ haben wir fast alles zu verdanken.“ Die Band trat auf Festivals und im Fernsehen auf, waren bei „Joko & Klaas“ oder bei Stefan Raab zu Gast. „Wir haben das genossen“, sagt der ‚Riemelmeester‘.

Viele Wortneuschöpfungen sind entstanden
Der Aktionsradius der Fofftig Penns beschränkte sich trotzdem weiterhin vorwiegend auf Norddeutschland. „Da musst du den Leuten nicht erklären, was Plattdeutsch ist“, sagt Riemelmeester Malde, der zusammen mit Kommodige Jaykopp die Texte schreibt. „Wir haben uns die Sprache das ein oder andere Mal zurechtbiegen müssen. Weil wir es häufig nicht so genau genommen haben, konnten wir ungeniert Ostfriesisches in unser Bremen-Norder Platt einbauen“, sagt Battefeld. „Auch bei hochdeutschen, englischen oder arabischen Lehnwörtern gingen unsere Scheuklappen runter.“ Zuweilen sei eine Neuschöpfung entstanden. „Plietschphone für Smartphone etwa“, so Battefeldt. „Zusammengesetzt aus plietsch (= clever, smart) und phone (= Fernsprechapparat).“

„Ein richtig klasse Platt“
Trotz des Zurechtbiegens: Die Wortgewandtheit der Fofftig Penns kommt bei Experten gut an. Der Leiter des Instituts für niederdeutsche Sprache, Dr. Reinhard Goltz, schätzt beispielsweise die Qualität des Pennschen Platts. „Das Platt ist ungeheuer authentisch, richtig klasse“, sagt Goltz. „Das ist wirklich Bremer Platt.“ Es zeichnet sich dadurch aus, dass es fast keine Umlaute hat.

Platt hat viel ungenutztes Potenzial
Die Fofftig Penns bringen für Goltz „ganz selbstverständlich“ Jugendsprache mit Plattdeutsch zusammen. Er knöpft sich die Texte der Hip-Hopper auch gerne in Uni-Seminaren vor. Und in so mancher Schulklasse ist die Musik der Penns ebenfalls Thema. Für De Fofftig Penns ist Niederdeutsch keine Sprache auf dem Abstellgleis. „Platt ist auf jeden Fall eine Sprache mit Gegenwart – und das reicht mir persönlich erst mal“, sagt Malde. Für ihn ist es „eine lebendige Sprache mit viel ungenutztem Potenzial“.

Andere Bands treten nun in die Fußstapfen
In Reinhard Goltz‘ Augen sind De Fofftig Penns ein Glücksfall für das Niederdeutsche. „Sie haben der plattdeutschen Sprache einen richtigen Tritt in den Hintern gegeben. Es war musikalisch eine tolle Zeit fürs Plattdeutsche.“ Ein Vakuum hinterlasse die Band aber nicht. Denn mittlerweile seien auch Rapper wie „Blowm“ oder die Oldenburger Punk-Rockband „De Schkandalmakers“ auf Platt unterwegs.

Bloß nicht „ausdröbbeln“ lassen
De Fofftig Penns haben sich bewusst und nach der Devise ‚Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören‘ fürs Band-Ende entschieden. „Ich habe das Gefühl, dass man nicht besser aufhören kann als jetzt“, sagt Simon Heeger. Die Entscheidung fiel 2017 – nach dem Motto „irgendwann is auch mal gut“. „Wenn man das Niveau halten will, ist das auch Arbeit“, sagt Battefeld. „Wir wollen das lieber nicht ausdröbbeln lassen.“ Die Vorbereitung für die Auftritte war inzwischen auch logistisch eine Herausforderung. Denn die drei Freunde sind heute Butenbremer. Battefeld lebt in Antwerpen, Köhler und Otten wohnen in Berlin.

Zum Abschied ein letzter Gruß aus Bremen-Nord
Zum Karriereende legten die Penns das Album „Dat läppert sik – Dat Beste vum de Fofftig Penns“ vor. Einen Tag vor Heiligabend 2018 trat das Trio letztmalig auf, im ausverkauften „Pier 2“ in Bremen. Neben den Penns spielten beim Abschiedskonzert Gastbands wie „Chefboss“ oder „Slama“. Auch der Shanty-Chor Grambke aus Bremen-Nord war dabei – aus der alten Heimat also, in der einst alles begann.

Text und Foto: Berit Böhme